Baufinanzierung und Immobilienkredit: Ist Vollfinanzierung sinnvoll in Zeiten niedriger Zinsen?
Je mehr Eigenkapital, desto niedriger auch die Zinsen, entsprechende Bonität natürlich vorausgesetzt. So gilt in der Regel die Formel für Baufinanzierungen und Immobilienkredite. Zwar gibt es auch die Möglichkeit, eine Vollfinanzierung aufzunehmen, ohne eigenes Kapital mitzubringen. Dies hat jedoch drei Nachteile, die wir nicht unerwähnt lassen wollen.
Finanzierungen ohne eigenes Kapital teurer
Zum einen ist eine Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital teuer als Finanzierungen, bei denen eigenes Kapital eingebracht wird seitens der künftigen Eigenheim-Besitzer. Das bedeutet zugleich, dass die Rückzahlphase weit länger dauert, als dies bei einer Baufinanzierung mit Eigenkapital der Fall ist.
Die lange Dauer der Rückzahlung
Zum zweiten ist die längere Rückzahlphase ein Knackpunkt, der nicht außen vor bleiben sollte bei der Entscheidung für eine Finanzierung. Wer keine Zinsbindung über die komplette Laufzeit des Immobilienkredits wählt, muss in Kauf nehmen, dass die eines Tages anstehende Anschlussfinanzierung weit teurer ist, als es beim gegenwärtigen Zinsniveau der Fall wäre.
Sparen kann die bessere Option sein
Von einer Vollfinanzierung ist deshalb eher abzuraten. Dies übrigens auch dann, wenn für das Eigenkapital noch eine Weile gespart werden muss. Unter dem Strich kann das Sparen, trotz derzeit niedriger Zinsen für sichere Anlageprodukte, günstiger sein, als in 20 oder 30 Jahren möglicherweise deutlich höhere Zinsen für die Finanzierung bezahlen zu müssen.
Je mehr Eigenkapital – desto schneller ist die Finanzierung abgezahlt!
Auch wichtig ist hier das Thema Zahlungsausfallrisiko. Es ist nahezu unmöglich, so weit in die Zukunft zu planen. Krankheit oder Arbeitslosigkeit können schnell zu finanziellen Engpässen, und damit zugleich zu Rückzahlungsschwierigkeiten bei Krediten führen. Je mehr Eigenkapital mitgebracht wird für die Immobilienfinanzierung, umso schneller gehört einem auch das finanzierte Haus oder die finanzierte Wohnung. Dann können die vorhandenen finanziellen Ressourcen in die Erfüllung anderer Wünsche fließen, und müssen nicht über drei oder vier Jahrzehnte in das Abzahlen der Finanzierung gesteckt werden.
Hallo,
aus meiner täglichen Praxis als Finanzierungsberater möchte ich folgende Punkte zu bedenken geben:
1. Familien, die eine Finanzierung ohne Eigenkapital stemmen wollen, haben gar keine Wahl, ob Sie Eigenkapital einsetzen oder nicht, denn Sie haben keins. Es geht nur darum, Immobilie kaufen oder nicht kaufen.
2. Die lange Dauer der Rückzahlung ist auch kein Argument, da durch den richtigen Aufbau der Finanzierung eine „normale“ Laufzeit der Finanzierung erreicht werden kann
3. Sparen ist auch keine Option, denn wo sollen die Leute denn Geld sparen? Wenn sie nicht gerade in spekulative Aktien investieren, werden sie die Inflation nicht ausgleichen und das Geld verliert seinen Wert. Habe ich aber eine Immobilie und ein DArlehen, so steigt der Wert der Immobilie und der Wert des Darlehens sinkt.
Was hier fehlt ist folgendes:
a) das Einkommen sollte so hoch sein, dass auch mal eine arbeitslose Phase überstanden werden kann
b) die Darlehensnehmer müssen „sesshaft“ sein. Sollte ein Umzug aufgrund eines Jobwechsels möglich sein, würde ich keine Finanzierung ohne Eigenkapital anfassen, da ich mit Verlust aus der Immobilie gehen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Schulze