Deutsche klammern sich an Sparbuch, Bausparvertrag und Kapitallebensversicherung

Wie das Marktforschungsinstitut Forsa im Auftrag von Union Investment in einer Studie zum Anlegerverhalten im 2. Quartal 2014 ermittelte, klammern sich die Bundesbürger weiter an Sparbuch, Bausparvertrag und Kapitallebensversicherung, anstatt sich lukrativere Anlagearten zu suchen. Meistgenutzt wird dabei das Sparbuch mit 73 Prozent, danach folgen Bausparvertrag mit 54 Prozent und die kapitalbildende Lebensversicherung mit 51 Prozent nahezu gleichauf.

Studie zum Anlegerverhalten im zweiten Quartal 2014

„Niedrige Zinsen lassen deutsche Anleger kalt
Insgesamt geringe Bereitschaft, sich mit dem Thema Geldanlage zu beschäftigen
Aktienmärkte: Die meisten Anleger rechnen auf Sechsmonatssicht mit Seitwärtsbewegung

Das niedrige Zinsniveau ist derzeit in aller Munde. Dennoch sehen die meisten Deutschen keine Veranlassung, ihre Geldanlagen zu überprüfen. Dies ist kaum verwunderlich, denn nur wenige beschäftigen sich gerne mit dem Thema Geldanlage, und nur eine Minderheit glaubt, über gute Finanzkenntnisse zu verfügen. Diese Einschätzungen spiegeln sich auch im Anlageverhalten wider: Die Mehrheit der Befragten hält an traditionellen, sicherheitsorientierten Anlageformen fest, die nur geringe Erträge oder real sogar Verluste erzielen. „Das fehlende Finanzwissen und die hohe Risikoaversion der Anleger sind ein Indiz dafür, dass noch eine Menge Aufklärungsarbeit in Sachen optimale Vermögensstrukturierung geleistet werden muss“, sagt Giovanni Gay, Geschäftsführer bei Union Investment. Das ist das Ergebnis des aktuellen Anlegerbarometers von Union Investment, einer repräsentativen Befragung deutscher Finanzentscheider in privaten Haushalten.

Die aktuell niedrigen Zinsen haben die Mehrzahl der deutschen Anleger bisher noch nicht dazu bewogen, ihre bestehenden Geldanlagen zu hinterfragen (69 Prozent). Lediglich 31 Prozent nehmen das Niedrigzinsumfeld zum Anlass, ihre Anlageformen zu überprüfen. Die allgemeine Zurückhaltung beruht zum einen auf Desinteresse und zum anderen auf mangelnden Kenntnissen. So setzen sich nur 19 Prozent der Befragten gerne mit Finanzangelegenheiten auseinander. 53 Prozent hingegen meiden dies lieber. Darüber hinaus meint lediglich jeder Fünfte, sich gut mit Geldanlagen auszukennen. Fast doppelt so viele (39 Prozent) halten ihr Finanzwissen für unzureichend.

Junge Erwachsene schätzen ihre Finanzkenntnisse am schlechtesten ein

Im Vergleich zu den anderen Altersgruppen gestehen sich vor allem junge Menschen im Alter von 20 bis 29 Jahren einen schlechten Wissensstand in Sachen Geldanlage ein: Während nur 14 Prozent glauben, über gute Finanzkenntnisse zu verfügen, behaupten 59 Prozent das Gegenteil. Unter den 40- bis 49-Jährigen sind 16 Prozent davon überzeugt, sich im Bereich der Geldanlage gut auszukennen. Bei den 50- bis 59-Jährigen sind es 24 Prozent.

Ähnlich sieht das Ergebnis bei der Unterteilung nach dem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen aus. Je höher das Einkommen, desto mehr Finanzwissen ist nach eigener Einschätzung vorhanden. In der Einkommensklasse unter 1.300 Euro geben nur 3 Prozent der Befragten an, gute Kenntnisse aufzuweisen. Mehr trauen sich die Anleger mit einem Einkommen über 2.300 bis 3.100 Euro im Monat zu (14 Prozent) sowie die höheren Einkommensbezieher mit über 4.100 Euro (34 Prozent). „Das Ergebnis der Studie zeigt, wie groß der Nachholbedarf bei diesem wichtigen Thema ist. Selbst unter den lebenserfahrenen älteren Menschen und denjenigen mit höheren Einkommen fühlt sich nur eine Minderheit in Finanzangelegenheiten sattelfest“, sagt Gay. Dies sei jedoch gerade im Umfeld niedriger Zinsen eine wichtige Voraussetzung, um einerseits Fehler bei der Anlage zu vermeiden und andererseits gezielt Chancen zu nutzen.

Konkrete Empfehlungen des Bankberaters sowie ein gutes Bauchgefühl sind den Deutschen bei der Geldanlage wichtig

Angesichts der geringen Finanzbildung verwundert es nicht, dass immerhin 40 Prozent der Deutschen bei ihren Anlageentscheidungen eine konkrete Empfehlung ihres Bankberaters für notwendig halten. Insbesondere die 20- bis 29-Jährigen legen großen Wert darauf (47 Prozent). Der Anteil der Selbstentscheider ist dagegen kleiner: Nur 33 Prozent der Finanzentscheider in den privaten Haushalten investieren viel Zeit, um ihre Anlageentscheidung möglichst eigenständig treffen zu können. Unter dem Strich kommt es den Deutschen aber vor allem darauf an, dass sie sich bei ihrer Finanzentscheidung wohlfühlen: 71 Prozent der Befragten geben an, dass ihnen ein gutes Bauchgefühl dabei wichtig ist. „Die Ergebnisse verdeutlichen, dass Bankberatern im Kundengespräch eine bedeutende Aufgabe zukommt. Sie müssen ihren Kunden die Vorteile einer breit gestreuten Geldanlage aufzeigen und Brücken zu chancenreicheren Investments bauen. Nur wer sein Vermögen ausgewogen strukturiert und einschätzbare Risiken eingeht, kann bei langfristig niedrigen Zinsen auskömmliche Erträge erzielen“, erläutert Gay.

Anleger setzen weiter auf Sicherheit

Neben dem geringen Finanzwissen fällt auf, dass die deutschen Anleger sehr sicherheitsorientiert sind. Mit 63 Prozent steht der Aspekt der Sicherheit an erster Stelle bei ihren Geldanlagen. Jeder Vierte priorisiert hingegen die freie Verfügbarkeit und für jeden Zehnten steht die Gewinnerzielung im Vordergrund. Steuerliche Vorteile spielen für zwei Prozent der Befragten eine wichtige Rolle.

Nicht einmal jeder Dritte (30 Prozent) hält es für sinnvoll, zumindest einen kleinen Teil seiner Ersparnisse in chancenreichere Anlagen zu investieren. Das Erstaunliche daran: Junge Menschen im Alter von 20 bis 29 Jahren können sich am wenigsten mit dem Gedanken anfreunden, eine Streuung ihres Vermögens über verschiedene Anlageklassen vorzunehmen: Hier halten nur zehn Prozent eine Beimischung von chancenreicheren Anlagen für sinnvoll. Gut jeder Zweite (51 Prozent) sieht darin keinen Nutzen. „Dabei muss gerade die junge Generation angesichts sinkender Renten in chancenreichere Anlagen, wie beispielsweise Aktien, investieren und von den langfristigen Chancen profitieren. Denn je mehr Zeit zur Verfügung steht, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch größere Kursrückschläge wieder aufgeholt werden“, erklärt Gay. Die 50- bis 59-Jährigen sind im Vergleich dazu etwas risikofreudiger: 37 Prozent von ihnen versprechen sich einen Mehrwert davon, mit einem Teil ihres Vermögens in höher rentierliche Anlagen zu investieren.

Betrachtet man allerdings die meistgenutzten Geldanlagen der Deutschen, wird deutlich, dass lieber an traditionellen, sicheren Produkten wie Sparbuch (73 Prozent), Bausparvertrag (54 Prozent) oder Kapitallebensversicherung (51 Prozent) festgehalten wird. „Sparer gefährden damit ihren Vermögensaufbau. Denn auch in nächster Zeit ist zu erwarten, dass sich diese Anlageformen bei extrem niedrigen Zinsen inflationsbereinigt nicht mehr lohnen werden. Das fehlende Finanzwissen und die hohe Risikoaversion der Befragten zeigt, dass die Vorteile einer ausgewogenen Vermögensstruktur bei den Deutschen noch nicht angekommen sind“, sagt Gay.

Aktienmärkte: Die meisten Anleger rechnen auf Sechsmonatssicht mit Seitwärtsbewegung

Dabei sehen die Anleger die Marktentwicklung gar nicht so kritisch. In Bezug auf Aktien rechnet die Mehrzahl der Deutschen auf Sicht von sechs Monaten mit wenig Veränderungen: Wie im Vorquartal gehen 31 Prozent von gleichbleibenden Börsenkursen aus. Steigende Aktienmärkte erwarten dagegen 24 Prozent. Das sind fünf Prozentpunkte weniger als bei der letzten Erhebung. Im Gegenzug nimmt der Anteil derer, die an fallende Kurse glauben, um zwei Prozentpunkte auf 25 Prozent zu. Trotz des Höhenflugs des Deutschen Aktienindex (DAX) in den vergangenen zwei Jahren und dem jüngsten Durchbruch der 10.000-Punkte-Marke bleibt Gay zuversichtlich: “Betrachtet man nur den Kursindex, also den DAX ohne Dividenden, sind wir derzeit mit gut 5.138 Punkten noch weit vom historischen Hoch von 6.206 Punkten vom 8. März 2000 entfernt. Das aktuelle Kurs-Gewinn-Verhältnis von 18,5 im Vergleich zur damaligen Bewertung von 25,5 zeigt, dass noch Luft nach oben besteht.“

Seit Anfang 2001 ermittelt das Marktforschungsinstitut Forsa im Auftrag von Union Investment quartalsweise das Anlegerverhalten. Befragt werden 500 Finanzentscheider in privaten Haushalten im Alter von 20 bis 59 Jahren, die mindestens eine Geldanlage besitzen. Für das zweite Quartal erhob Forsa die Daten vom 2. bis 9.Mai 2014. Bei Umfragewerten, die sich nicht zu 100 Prozent addieren, gibt die Differenz den Anteil der unschlüssigen Befragten an.“

Quelle Pressemitteilung: Union Investment