Eine Legende wird zur Vergangenheit – Das Schweizer Bankgeheimnis bekommt Löcher
Die Schweiz, ein kleines, aber doch gerade für seine Bankgeschäfte bekanntes Land, ist im Aufruhr. Das Bankgeheimnis, eine Regelung, die Kunden aus aller Welt mitsamt ihren Millionen und Milliarden in das kleine Alpenland zog, bekommt nun nach Jahrzehnten des „Mauerbaus“ die ersten Löcher.
Das Weshalb ist dabei ganz einfach zu beantworten. Die Reputation einer großen Schweizer Bank steht auf dem Spiel, nicht im eigenen Land – aber in den, für Finanzgeschäfte so wichtigen, USA. Die UBS musste sich entscheiden: Der Verlust ihrer Geschäftstätigkeit in den USA oder die Weitergabe von Kundendaten an die US-amerikanischen Behörden. Heute Nacht fiel die Entscheidung – die UBS gibt die Daten von 250 – 300 Steuersündern an die Behörden in den USA weiter. Eine genaue Zahl ist nicht bekannt, aber selbst die Weitergabe der Daten eines einzigen Kunden würde ausreichen, um den Sturm im Wasserglas auszulösen, der nun in der Schweiz am Toben ist.
Der Vorwurf der Steuerbehörden in den USA war kein Zuckerschlecken gewesen – die UBS sollte 19.000 Kunden aus amerikanischen Gefilden bei der systematischen Steuerhinterziehung geholfen haben. Aufgrund dieser Beschuldigungen wurde der UBS das Messer an die Brust gesetzt: Entweder arbeitet die Schweizer Bank mit den Behörden zusammen oder darf seine Bankgeschäfte in den USA nicht weiter ausüben.
Dies war der Stand vor ein paar Wochen gewesen, seitdem war die Geschichte wohl auch in der Schweiz in Vergessenheit geraten – sonst hätte sich jeder vorbereiten können auf das, was heute Nacht nun der breiten Öffentlichkeit mitgeteilt wurde: Die UBS legt zumindest einen Teil ihrer Kundendaten offen, und zahlt zugleich eine Strafe in Höhe von 780 Millionen Euro. Geld, dass sie USA momentan gut brauchen können, Geld aber auch, dass der sowieso schon angeschlagenen UBS ein weiteres Loch in die Finanzdecke reißen wird. Doch nicht nur das Finanzloch wird der UBS sehr wehtun, auch das Loch, das die Bank nun selbst in die Schweizer Bankgeheimnis geschlagen hat, wird tiefe Wunden reißen. Die 13 Milliarden Euro Minus aus dem vergangenen Jahr könnten dieses Jahr wohl noch getoppt werden. Denn: Eine Schweizer Bank, die sich nicht mehr an ihre heilige Kuh, das Schweizer Bankgeheimnis hält, was ist sie dann noch wert?
Es sind harte Worte, welche die Presse in der Schweiz heute für das Handeln der UBS findet. Das Newsportal „20 Minuten“ schreibt mit klaren Worten, was sie von dem Einknicken der UBS hält: die Politik befände sich „in einer Art Geiselhaft des maroden Finanzmultis“. Denn eine Herausgabe von Kundendaten der Schweizer Bank bedeute „nämlich nicht nur ein eigentliches Einknicken vor den US-Behörden, sondern die bewusste und offensichtliche Aushebelung des Rechtsstaats Schweiz“. Die „Neue Zürcher Zeitung beschuldigt gar offen die USA: «mit dem Rücken zur Wand» stehe nun der Finanzplatz USA, weil die Behörden in den USA «erpresserisch agiert» hätten.
Und „20 Minuten“ sieht das Ende gar gekommen: „Vielleicht wird man eines Tages in ferner Zukunft den gestrigen Entscheid als große Zäsur der Schweizer Bankgeschichte betrachten. Am Tag, an dem die Schweiz ihr Bankgeheimnis aufgab, musste sie sich neu erfinden. Das muss langfristig nicht schlecht sein. Kurzfristig aber wird der Weg steinig. Und aus rechtsstaatlicher Sicht ist der Beschluss der Regierung – man kann es nicht anders sagen – ein Skandal.“
Wie unterschiedlich die Ansichten eines Geschehens wohl sind, kann man an diesen Reaktionen sehen. Aber war die Schweiz nicht schon immer das Land, das ein wenig anders tickte und immer wieder gerne mal wegsah?