Euro-Rettungsschirm in der Kritik
Werden die Zocker belohnt?
Der Euro-Rettungsschirm bleibt weiter in der Kritik. Laut Wirtschaftsexperte Hans-Werner Sinn werden damit sogar die belohnt, die eigentlich gebremst werden sollen: Die Zocker. Zudem kritisiert Sinn die Höhe des deutschen Anteils am Rettungsschirm für die Euro-Zone, der zu hoch sei.
„Sinn, Chef des Ifo-Instituts, zum Euro-Rettungsschirm: „Die Zocker werden belohnt“
Hans-Werner Sinn, Präsident des Münchner Instituts für Wirtschaftsforschung (Ifo), zum Euro-Rettungsschirm:
„Die Zocker werden belohnt. Die Banken, die in windige Staatspapiere investiert haben, die Staaten, die sich überschuldet haben – alle haben sie drauf gesetzt, dass, wenn es schiefgeht, sie freigekauft werden von jemand anderem und so ist es passiert. Wir zahlen, und so geht die Zockerei weiter.“
Zum Anteil Deutschlands am Rettungsschirm:
„Die Deutschen zahlen hier einen überproportional großen Teil. Bei der Griechenland-Rettung hatten die französischen Banken für 52 Milliarden griechische Papiere, die Deutschen nur für 31 Milliarden. Wir zahlen aber 28 Prozent, während die Franzosen nur 21 Prozent der Rettungssummen beisteuern.“
Zu einer möglichen Lösung:
„Man darf keine Versicherung mit Volldeckung machen. Man muss den bedrängten Staaten schon helfen, das ist richtig, aber es muss immer einen Selbstbehalt geben. Das heißt, wenn jetzt da was schiefgeht, dann müssen die Anleger, die die Staatspapiere im Besitz halten, auch einen Teil der Lasten tragen. Das ist ganz fundamental, damit sie sich in Zukunft vorsehen. Man darf nicht sagen: Was immer ihr tut, wo immer ihr euer Geld hingebt, wir kaufen euch nachher frei und ihr kommt da ungeschoren raus. Sie müssen einen Teil der Lasten mittragen, damit sie sich das nächste Mal vorsehen.“
Zur Kritik am Rettungsschirm:
„Man hätte jetzt dieses Gewährleistungspaket, was am Freitag beschlossen werden soll, so nicht beschließen dürfen. Man hätte im Sinne einer Insolvenz- oder Konkursordnung für die bedrängten Staaten feststellen müssen, dass, wenn sie zahlungsunfähig sind, zunächst einmal die Altforderungen, die Schulden, die sie haben, abgewertet werden um einen bestimmten Prozentsatz, und dass danach die Staatengemeinschaft hilft. Das hätte bedeutet, dass diejenigen, die die großen Gewinne gemacht haben, auch zur Kasse gebeten werden und dass in der Zukunft die Zinsen sich immer ein bisschen hätten ausspreizen können bei den Schuldensündern. Das wäre eine Warnung gewesen an sie, nicht zu übertreiben. Wenn die Politik jetzt versucht, eine Schuldenbremse herzubringen durch politische Vereinbarungen, das wird ja nicht entsprechend funktionieren, das haben wir ja gesehen mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt. Sie soll es versuchen, ich bin nicht dagegen – aber nichts diszipliniert mehr als die Kraft der Märkte.“
Kontext:
Die Bundesregierung will mit einer raschen Verabschiedung des Euro-Rettungsschirms durch Bundestag und Bundesrat die Finanzmärkte beruhigen. Die EU hatte sich vor eineinhalb Wochen darauf verständigt, mit dem Rettungsschirm den angeschlagenen Euro abzusichern. Die Euro-Staaten wollen dazu einen Fonds schaffen, aus dem bis zu 440 Milliarden Euro Hilfen fließen können. Die Länder treten dabei als Garanten auf.“
Quelle Interview und Kontext: n-tv