Girokonto für Flüchtlinge – Statt Basiskonto keine Willkommenskultur?
Wie die Verbraucherzentrale NRW heute mitteilte, herrscht an den deutschen Bankschaltern wohl alles andere als eine Willkommenskultur. Beim Girokonto für Flüchtlinge, das ab dem 9. September 2015 als Basiskonto gewährt werden soll, hat eine aktuelle Stichprobe durch die Verbraucherzentrale gezeigt, dass mehr „Unkenntnis als tatkräftige Soforthilfe“ vorherrscht.
Kontoeröffnung für flüchtlinge
„Ausflüchte bei Banken und Sparkassen
Seit dem 9. September können Flüchtlinge hierzulande ein Basiskonto eröffnen, auch wenn sie keinen Pass oder Ausweis haben. In einer Übergangsregelung hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) mit neuen Mindestanforderungen den schnellen Zugang zur Teilhabe am Wirtschaftsleben ermöglicht. Doch obwohl die Geldinstitute in einem Rundschreiben umfassend über die Erleichterungen bei der Kontoeröffnung informiert worden sind, herrscht noch nicht an jedem Bankschalter und an jeder Beratungshotline nur „Willkommenskultur“. Eine aktuelle Stichprobe der Verbraucherzentrale NRW bei einem Dutzend Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken sowie bei Direktbanken hat mehr Unkenntnis als tatkräftige Soforthilfe zutage gebracht. Mal war noch vollkommen unbekannt, dass die Aufenthaltsgestattung nun als Legitimationsnachweis ausreichend ist, mal wurde vorgetragen, dass die vereinfachten Zugangsvoraussetzungen nur für Flüchtlinge mit festem Wohnsitz gelten. An der Beratungshotline einer Onlinebank war zu erfahren, dass die Klarstellung der BaFin zu den Mindestanforderungen nach deren Auffassung nur für Sparkassen gilt.
Auf den Ansturm der Flüchtlinge hat die Finanzaufsicht (BaFin) mit Flexibilität reagiert: Durch gelockerte Vorgaben soll Asylbewerbern die Eröffnung eines Bankkontos hierzulande erleichtert werden. Weil den Ankömmlingen zumeist die vorgeschriebenen Dokumente wie Reisepass oder Ausweis zur Identifizierung fehlen, gab die Aufsicht in einem Schreiben an die Kreditwirtschaft auch für Papiere deutscher Ausländerbehörden als Legitimationsnachweis „grünes Licht“. Was Briefkopf und Siegel einer deutschen Ausländerbehörde trägt, mit einem Lichtbild versehen sowie Angaben mit Namen, Geburtsort und -datum, Staatsangehörigkeit und Anschrift enthält und obendrein von einem Bearbeiter der Ausländerbehörde unterschrieben ist, kann nun als Grundlage zur Eröffnung eines sogenannten „Guthaben- oder Basiskontos“ dienen.
Verstanden wird darunter ein Girokonto, das unabhängig von der Bonität eröffnet werden kann und den Zugang zum bargeldlosen Zahlungsverkehr sicherstellt. Hierbei gibt es keine Überziehungsmöglichkeit, aber Ein- und Auszahlungen, Lastschriften, Daueraufträge, Überweisungen oder Kartenzahlungen können damit bewerkstelligt werden.
„Banken und Sparkassen sind gefordert, die Klarstellung bei den Mindestvoraussetzungen zur Kontoeröffnung nun auch umgehend in der Praxis umzusetzen“, fordert Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW. Ein Girokonto verschaffe Flüchtlingen nicht nur schnellen Zugang zum Wirtschaftsleben, sondern entlaste Kommunen auch personell und finanziell, weil Sozialleistungen nicht mehr bargeldlos ausgezahlt werden müssen. Außerdem biete es einen wirksamen Schutz vor unkontrollierten Geldströmen.
Die Klarstellung durch die Finanzaufsicht zu den Modalitäten bei der Eröffnung eines „Basiskontos“ sollte für Teile der Kreditwirtschaft zugleich Weckruf sein, ein Guthabenkonto für jedermann endlich in ihr Angebotsportfolio aufzunehmen. „Damit greifen sie jetzt einer gesetzlichen Regelung vor, die im Frühjahr 2016 mit der Umsetzung der Europäischen Zahlungskontenrichtlinie in deutsches Recht ohnehin kommen wird“, mahnt Schuldzinski rasches Handeln an, um Hunderttausenden Flüchtlingen die Integration in Gesellschaft und Arbeitsmarkt zu erleichtern.
Betroffenen sowie Flüchtlingshelfern, die bei der ehrenamtlichen Begleitung der Asylbewerber auf Widerstände bei der Kontoeröffnung stoßen, rät die Verbraucherzentrale NRW auf die Klarstellung durch die BaFin (zu finden unter www.bafin.de) zu verweisen.
Wenn es bei der Einrichtung eines Girokontos für Flüchtlinge hakt, helfen die Beratungsstellen der Verbraucherzentrale NRW weiter. Adressen unter www.vz-nrw.de/beratung-vor-ort.“
Quelle Pressemitteilung: Verbraucherzentrale NRW