Interview mit Jannick Broering von Teroxx: Kann Bitcoin 2024 noch die 100K knacken?
Rasch gestiegene Zinssätze und wirtschaftliche Unsicherheiten sind zwei der vielen Hürden, die die Finanzwelt im aktuellen Jahr meistern muss. Immerhin bleibt die Grundstimmung bisher positiv. Doch die Unsicherheiten sind nicht zu unterschätzen. Mit Jannick Broering, Chief Asset Management Officer (CAMO) der Digital Asset Boutique Teroxx, haben wir über Digital Assets gesprochen und sind der Frage nachgegangen, ob Bitcoin 2024 die 100.000-US-Dollar-Marke wohl noch erreichen wird. Im Interview diskutieren wir die makroökonomischen Faktoren, den Aspekt der institutionellen Adoption sowie die aktuellen und künftigen regulatorischen Rahmenbedingungen.
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Historisch betrachtet, hat sich Bitcoin in Krisenzeiten immer wieder als widerstandsfähig erwiesen. Warum ist das so?
Das ist richtig. In Zeiten hoher Inflation und wirtschaftlicher Unsicherheit hat Bitcoin oft eine gewisse Stabilität gezeigt. Der Grund dafür ist, dass diese Kryptowährung aufgrund ihres begrenzten Angebots – es wird nur 21 Millionen Coins geben – eine Art Schutz vor der Entwertung traditioneller Währungen bietet. Besonders in einem Umfeld, in dem die Zinssätze im Vergleich der letzten 15 Jahren erhöht sind (auch wenn sie aktuell wieder sinken), kann Bitcoin als sicherer Hafen fungieren, ähnlich wie Gold, da es als Inflationsschutz dient. Trotzdem bringen diese hohen Zinssätze auch Herausforderungen mit sich: Sie können das Investitionsklima belasten und Kapital von risikoreichen Anlagen wie Digital Assets abziehen.
Neben den Zinssätzen spielen sicherlich auch andere Faktoren eine Rolle. Wie beeinflussen Angebot und Nachfrage den Bitcoin-Preis?
Die Angebots- und Nachfragedynamik ist bei Bitcoin besonders entscheidend. Da das Angebot durch die Obergrenze von 21 Millionen Coins festgelegt ist, reagiert der Preis stark auf Schwankungen in der Nachfrage. Bisher wurden rund 19,7 Millionen Bitcoin geschürft. Allerdings sind nicht alle dieser im Umlauf befindlichen Bitcoins zugänglich. Schätzungen zufolge gelten etwa 3 bis 4 Millionen dieser Digital Assets als verloren, da die zugehörigen privaten Schlüssel entweder vergessen oder verloren wurden. Solche Bitcoins bleiben zwar technisch im Netzwerk vorhanden, können jedoch nie wieder verwendet oder ausgegeben werden. Diese verlorenen Assets verstärken die Deflationsnatur der Kryptowährung, da sie effektiv die verfügbare Menge verringern und somit den Wert der verbleibenden Bitcoins tendenziell erhöhen.
Wenn insbesondere institutionelle Anleger verstärkt in Bitcoin investieren, könnte dies den Preis deutlich in die Höhe treiben. Allerdings hängt das stark von der regulatorischen Situation ab, die den Markt erheblich beeinflussen kann. Die Zulassung der ersten Bitcoin Spot ETF in den USA zu Beginn dieses Jahres haben das institutionelle Engagement jedenfalls schon einmal befeuert. Entsprechend würde ich erwarten, dass nach Ether noch weitere Altcoin-ETFs aufgelegt werden, was einen ähnlichen Effekt haben könnte.
Wie entwickelt sich die institutionelle Adoption und welche Bedeutung hat sie für die Stabilität des Marktes?
Die institutionelle Adoption von Bitcoin nimmt tatsächlich stetig zu. Ein großer Schritt war die Einführung der ersten Bitcoin Spot ETFs in den USA zu Beginn des Jahres. Zudem integrieren immer mehr Unternehmen digitale Assets in ihre Treasury-Strategien. So verfolgt beispielsweise MicroStrategy als Vorreiter in diesem Bereich seit 2020 unter der Führung von Michael Saylor eine aggressive Bitcoin-Kaufstrategie, bei der es große Mengen Bitcoin in seine Bilanz aufgenommen hat. Diese Entscheidung fiel vor dem Hintergrund von Inflationssorgen und einer expansiven Geldpolitik. Die Folge waren massive Kurssteigerungen der MicroStrategy-Aktie (MSTR): Seit dem ersten Bitcoin-Kauf hat sich der Aktienkurs teilweise verzehnfacht. Diese Zuwächse waren jedoch eng mit den Schwankungen des Bitcoin-Preises verknüpft. Wenn der Bitcoin-Kurs stieg, profitierte MSTR überproportional, aber in Zeiten, in denen der Bitcoin-Wert fiel, litt auch der Aktienkurs. Insgesamt hat sich die Aktie jedoch besser entwickelt als viele andere Investitionen wie Gold oder Technologie-Aktien.
Außerdem werden börsengehandelte Bitcoin-Fonds immer populärer. Diese Entwicklung könnte die Nachfrage langfristig stabilisieren, vor allem, wenn weitere regulatorische Klarheit geschaffen wird. Sollte es beispielsweise mehr Genehmigungen für digitale Assets geben, könnten noch mehr institutionelle Investoren in den Markt eintreten, was zu einer nachhaltigen Stabilität führen würde.
Regulatorische Klarheit scheint ein Schlüsselthema für die Zukunft von Bitcoin zu sein. Welche Entwicklungen erwarten Sie diesbezüglich im Jahr 2024 und darüber hinaus?
Die regulatorischen Rahmenbedingungen werden tatsächlich eine zentrale Rolle spielen. Ob Bitcoin 2024 die Marke von 100.000 US-Dollar erreicht, wird stark davon abhängen, welche regulatorischen Maßnahmen getroffen werden, insbesondere in Europa und den USA. Während makroökonomische Faktoren und die institutionelle Adoption wichtig sind, könnten die Regulierungen letztlich den Ausschlag geben, ob der Bitcoin-Markt weiter wächst oder gebremst wird.
Ein zentraler regulatorischer Faktor in Europa ist die MiCA-Verordnung. Welche Chancen und Herausforderungen sehen Sie darin?
Die MiCA-Verordnung, die bis Ende 2024 vollständig umgesetzt sein wird, ist Fluch und Segen zugleich. Einerseits bietet sie erstmals einen einheitlichen Rechtsrahmen für digitale Assets in der gesamten EU, was das Vertrauen institutioneller Anleger stärken könnte. Das könnte die Nachfrage nach Bitcoin und anderen digitalen Assets steigern. Durch die strengeren Vorschriften wird die Marktintegrität verbessert, Betrug reduziert und die Risiken im Zusammenhang mit Geldwäsche minimiert. Andererseits könnten die strengen Compliance-Anforderungen kleinere Unternehmen und private Investoren abschrecken, da die Einhaltung der Vorschriften kostenintensiv ist. Kurzfristig könnte das die Akzeptanz bremsen, aber langfristig wird erwartet, dass ein klarer regulatorischer Rahmen zu einer stabileren Marktentwicklung führt.
Wie sieht es mit der regulatorischen Lage in den USA aus? Welche Entwicklungen erwarten Sie dort?
In den USA ist die Situation noch relativ unsicher. Die SEC hat in den letzten Jahren verstärkt gegen nicht registrierte Wertpapiere vorgegangen, was vor allem Altcoins und bestimmte Börsen betrifft. Gleichzeitig betrachtet die Commodity Futures Trading Commission (CFTC) Bitcoin weiterhin als Ware, was dem Markt eine gewisse regulatorische Stabilität verleiht. Ich erwarte, dass bis Ende 2024 mehr Klarheit herrschen wird. Ein positiver Schritt war die Zulassung von Bitcoin-ETFs, aber gleichzeitig könnten strengere Vorschriften – etwa in Bezug auf KYC- und AML-Prozesse – das kurzfristige Wachstum bremsen. Auch die Regulierung von Stablecoins könnte eine Rolle spielen, da diese den Bitcoin-Markt indirekt beeinflussen könnten.
Was bedeutet das alles für den Bitcoin-Preis im Jahr 2024? Können wir die 100.000 US-Dollar noch erreichen?
Ob Bitcoin die 100.000 US-Dollar-Marke 2024 knacken wird, hängt von einer komplexen Mischung aus makroökonomischen Faktoren, institutioneller Adoption und regulatorischer Klarheit ab. Ein optimistisches Szenario wäre, wenn positive wirtschaftliche Bedingungen und ein starker Zustrom institutioneller Investoren zusammentreffen – dann könnte dieser Preispunkt durchaus erreicht werden. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass wir dieses Ziel frühestens 2025 sehen werden, wenn die Effekte von MiCA und die regulatorischen Entwicklungen in den USA deutlicher werden. Fest steht jedoch: Die kommenden Jahre werden spannend, und die regulatorischen Vorgaben werden dabei eine entscheidende Rolle spielen.