Raus aus den Schulden Das Jubiläum 100 Folgen der Schulden-Sendung von RTL
Interview mit Schuldnerberater Peter Zwegat
Raus aus den Schulden wird dreistellig! Das Jubiläum der Schulden-Sendung von RTL heißt zugleich 100 Folgen mit Schuldnerberater Peter Zwegat, der angesichts der neuen Staffel und der 100. Folge von Raus aus den Schulden ein durchaus interessantes Interview gab. Die Jubiläumsfolge gibt es heute Abend um 21.15 Uhr auf RTL!
Interview mit Schuldnerberater Peter Zwegat
100. Folge von „Raus aus den Schulden“! Haben Sie mit diesem Erfolg gerechnet?
Peter Zwegat: „Mit dem großen Erfolg von `Raus aus den Schulden` konnten wir bei Start des Formates nicht rechnen.“
Nach welchen Kriterien wählen Sie Ihre Klienten aus?
Peter Zwegat: „Die Auswahl der Klienten (Fälle) soll exemplarisch für die Alltagsarbeit einer normalen Beratungsstelle stehen. Die Fälle sollen außerdem den Lebensalltag von vielen Betroffenen widerspiegeln. Entweder hat man ein Ähnliches Schicksal oder man kennt jemanden in der Verwandtschaft oder im Kollegenkreis, dem ähnliches widerfahren ist. Ich mache Filme mit wahren Begebenheiten. Filme leben auch von der Spannung. Wenn sich z.B. alle über 100.000 alleinerziehende Mütter mit Schuldenproblemen filmen lassen würden, ginge irgendwann die Spannung verloren. So ähnlich, als wäre in dem Krimi immer der Gärtner der Mörder. Nach dem vierten Film würden wohl viele wegzappen.“
Einige Klienten kooperieren nicht mit Ihnen. Wann ist bei Ihnen das Ende der Fahnenstange erreicht und sie geben den Fall ab?
Peter Zwegat: „Der Zufall wollte es, dass in die kommende Staffel drei Beratungsabbrüche fallen – nicht geplant und aus unterschiedlichen Gründen und lange nicht erkennbar. Das ist so wie im normalen Beratungsalltag. Mitarbeit ist erforderlich. Man fällt nicht vom Himmel und meine Arbeit ist letztendlich Hilfe zur Selbsthilfe. Das erfordert auch Einsicht und den Willen zur Veränderung durch die Klienten. Insbesondere junge Menschen tun sich damit oft schwer.“
Konnten Sie in den letzten Jahren eine Entwicklung bei den Schuldnern feststellen? Werden sie z.B. jünger oder ist immer mehr der Mittelstand betroffen?
Peter Zwegat: „Die Schuldnerstruktur hat sich in den letzten Jahren nicht grundlegend geändert. Es ist nur festzustellen, dass Jugendliche sich zunehmend häufiger verschulden. Alle Bevölkerungsschichten sind betroffen, natürlich auch der Mittelstand, der immer kleiner wird.“
Sollte „Schuldnerberatung“ ein Schulfach werden?
Peter Zwegat: „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer mehr – hörte ich als Schuljunge oft. Schuldnerberatung müsste nicht Schulfach sein, sondern der Umgang mit Geld und die Folgen daraus, wenn man seinen finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommt. Es fängt mit dem Einteilen von Taschengeld an und hört mit dem Brechen von Verträgen und deren Folgen noch lange nicht auf. 22 Jahre, 22.000,00 € Schulden, wirtschaftlich am Ende und die berufliche Zukunft versaut. Längst kein Einzelfall mehr, wenn auch Gott sei Dank noch nicht die Regel. Also nicht immer, aber immer öfter!“
Sie hatten Gastauftritte u.a. bei C.I.S. – Chaoten im Sondereinsatz und bei Cindy aus Marzahn. Gibt es weitere Pläne für Gastauftritte?
Peter Zwegat: „Ja, wenn ich mir die Zeit abknapsen kann, mich das Projekt interessiert und mir die angebotene Rolle Spaß macht. Aber nicht als Leiche im Tatort!“
Was möchten Sie Ihren Zuschauern durch die Sendung mit auf den Weg geben?
Peter Zwegat: „Den wichtigen Rat und den einen oder anderen Fingerzeig, dass man ja hinfallen kann. Man muss nur einmal mehr aufstehen, als man hinfällt. Dabei kann man sich helfen lassen von Experten, deren Rat kostenlos ist. Man muss bereit sein, aus seinen Fehlern zu lernen, sich zu verändern und vielleicht auch kleinere Brötchen zu backen. Ich bin stolz darauf, Bildungsfernsehen in Unterhaltung zu verpacken, was viele nicht sehen oder nicht sehen wollen. Die Filme, für die ich stehe, geben Lebenshilfe – wenn man sie denn brauchen kann und annehmen will. Also Prävention pur, vielleicht raffiniert verpackt.“
Wie schätzen Sie Ihr TV-Coaching bei den Zuschauern ein? Glauben Sie, es wirkt präventiv? Lassen sich dadurch ein paar private Schuldenkrisen verhindern?
Peter Zwegat: „In vielen Zuschauerzuschriften lese ich, dass Sie Ähnliches erlebt hätten und den einen oder anderen Tipp genutzt hätten. Viele teilen auch mit, dass sie es gar nicht erst so weit kommen lassen wollen. Ob alle ihr Vorhaben umsetzen können, kann ich nicht beurteilen. Die Warnungen und Hinweise kommen jedenfalls an. Viele Menschen sprechen mich auf der Straße, am Flughafen oder Bahnhof an und bedanken sich. Das gibt mir Mut und Kraft.“
Was haben Sie persönlich aus der Zeit beim Fernsehen gelernt?
Peter Zwegat: „Zunächst, dass man viel Zeit und Geduld mitbringen muss. Es ist das anstrengendste, was ich je in meinem Leben gemacht habe und ich war weiß Gott nicht faul. Dann Demut vor den vielen Händen und Füßen, die ein gutes Team ausmachen und die dann auch für Erfolg stehen und: Nicht alles glauben, was man sieht – außer bei uns!“
Wie sparsam gehen Sie mit Ihrem eigenen Geld um?
Peter Zwegat: „So sparsam, dass ich an meine Altersvorsorge gedacht habe.“
Welche Schlagzeile würden Sie gerne einmal in der Tageszeitung lesen?
Peter Zwegat: “ ’Politiker halten, was sie versprechen’, ’Politiker versprechen, dass sie nicht mehr in Wahlperioden denken’, ’Die ganze Welt lobt Deutschlands Menschen- und Tierrechte zu Recht!’ und ’Erstmalig: Der erste Monat lang kein Krieg in jedem Teil der Erde – Ende nicht absehbar’.“
Waren Sie auch schon mal in den Miesen?
„Ja, natürlich. Jeder zweite deutsche Haushalt ist verschuldet. Und wie das so ist im Leben, mal gewinnt man und ist erster, mal eben auch zweiter.“
Sie arbeiten viel. Was machen Sie mit Ihrem Geld?
„Sparen, ich lege das Geld zur Seite.“
Was treibt viele Menschen in die Schuldenfalle?
„In der Regel sind es die unvorhersehbaren Ereignisse wie z.B. Arbeitslosigkeit, Krankheit und Scheidung oder Trennung vom Partner. Dies umso mehr, wenn vielleicht der eine oder andere beim Konsumieren etwas unvorsichtiger war.“
Was müsste politisch geändert werden, um den Betroffenen zu helfen?
„Die Schuldnerberatung müsste in Deutschland flächendeckend ausgebaut und als soziale Grundsicherung bezuschusst werden. Wartezeiten von ein bis anderthalb Jahre sind skandalös und treiben Betroffene geradezu in die Hände von ´Neppern, Schleppern und Bauernfängern´, die es immer gerade da gibt, wo die Not besonders groß ist. Und damit nicht alles beim Staat hängen bleibt, könnte die Finanzindustrie mit einem so genannten Schuldenpfennig bei der Finanzierung der Beratungsstellen helfen.“
Sind Schulden immer noch ein Tabuthema?
„Geld, das man verdient, erst recht aber die Schulden, sind eines der letzten Tabu-Themen unserer Gesellschaft. Das schweigt man häufig bis zum bitteren Tod.“
Wie kann man frühzeitig den richtigen Umgang mit Geld lernen?
„Je früher man lernt, richtig mit Geld umzugehen, desto besser. Wenn Kinder begreifen, wie man mit Taschengeld umgeht, dann ist das der richtige Weg zu lernen, dass man pleite ist, wenn man mehr Geld ausgibt, als man einnimmt. Und Heranwachsende sollten von zu Hause mitbekommen, dass man nicht umsonst wohnt, Strom auch etwas kostet, wenn er aus der Steckdose kommt und Geld, das aus einem Automaten kommt, irgendwie da vorher reingekommen sein muss. Und mir zugeteilt wird, auch wenn ich mal etwas mehr abheben kann.“
Was glauben Sie, warum schauen Millionen Ihre Sendung „Raus aus den Schulden“?
„Viele Menschen sind davon betroffen oder kennen jemanden aus der Familie, dem es so geht. Sie erleben, dass es zwar den alten Sozialstaat nicht mehr gibt, erfahren aber auch, dass man sich Hilfe suchen muss und kann und dass es häufig einen Ausweg gibt.
Wenn das glaubwürdig vermittelt und mit klaren Worten gesagt wird und die Betroffenen feststellen, dass eine helfende Hand gereicht wird, wenn man gefallen ist, dann sind die hohen Einschaltquoten kein Wunder. Oder: Ehrlichkeit, Beharrlichkeit und das Wort des Experten, dies alles mit einem Service-Teil versehen, das alles macht den Erfolg der Sendung aus. Insgesamt also Bildungsfernsehen als Unterhaltung verpackt und auf hohem Niveau. Das hätte RTL keiner zugetraut. Umso besser, dass es hier angesiedelt ist.“
Werden Sie auf der Straße erkannt?
„Ja, sehr häufig, manchmal bis zu 200 Mal am Tag, von Jung und Alt. Das ist nicht immer angenehm. Nach einem harten Arbeitstag von einem angetrunkenen Besserwisser um ein Foto gebeten zu werden, ist nicht der krönende Tagesabschluss in einer fremden Stadt.“
Sie erleben viel bei Ihren Klienten. Wie können sie abschalten?
„Jede Krankenschwester, Feuerwehrmann oder Pfarrer hat das gleiche Problem und kann nicht mit jedem mitleiden. Wenn man seinen Beruf professionell ausübt, lernt man damit umzugehen. Natürlich gibt man den Kummer der Anderen nicht einfach an der Garderobe ab, sondern nimmt das eine oder andere mit nach Hause, wägt ab und gibt sich am nächsten Tag die gleiche Mühe. Ich arbeite seit über 40 Jahren im sozialen Bereich, davon mehr als 20 Jahre in der Schuldnerberatung. Das stählt, auch und gerade die Nerven.“
Quelle Interview und Foto: RTL