Schaeffler und Continental – Ein Drama in mehreren Akten

Es schien alles geklärt zu sein. Die Banken der Schaeffler Gruppe hatten sich hinter das Familienunternehmen aus Herzogenaurach gestellt, das sich mit der Übernahme der Continental AG völlig übernommen hat. Schaeffler, einst auf gutem Boden, geriet durch den Kauf der Conti-Aktien in finanzielle Schwierigkeiten – und dies könnte sich nun rächen.

Doch zurück zum ersten Akt:

Der Hersteller von Wälzlagern hatte sich dazu entschlossen, den großen Autozulieferer Continental zu übernehmen. Mir nichts dir nichts hieß es plötzlich aus Herzogenaurach: Entweder kriegen wir die Anteile freiwillig, oder es kommt zu einer feindlichen Übernahme.

Das Hickhack ging dann eine ganze Weile, Continental wollte erst nicht, bzw. vor allem eher deren ehemaliger Vorstandsvorsitzender Manfred Wennemer. Im Juli 2008 sagte deshalb Continental ein klares Nein zur Übernahme. Dann wollte Conti doch, und das Drama ging in den zweiten Akt.

In diesem ging Continental dann auf Schaeffler zu, nachdem es keine andere Möglichkeit zu geben schien, als eine „freundliche“ Übernahme zu gewähren, und so der feindlichen den Bodensatz nehmen zu können.

Im dritten Akt ging man dann endlich zu den bürokratischen Tatsachen über:

„Schaeffler reicht EU-Kartellanmeldung ein“, hieß es da im November 2008 aus dem Familienunternehmen. Und:
„Schaeffler strebt zügigen Vollzug der Übernahme an
Mit Schaeffler/Continental entsteht weltweit führender Automobilzulieferer“
Eine schöne Sache, eigentlich, die Idee, der Weltmarktführer unter den Autozulieferern zu werden. Nur: Die Finanzkrise hat dem Ganzen dann einen bösen Strich durch die Rechnung gemacht.

Der vierte Akt verhieß dann nämlich nichts Gutes mehr.

Schaeffler erstellte ein offizielles Angebot je Conti-Aktie, welches von der BaFin, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, auch gewährt würde. Der Wälzlagerhersteller wollte 75 Euro je Aktie zahlen. Was jedoch nicht mit einberechnet wurde: Die Wirtschaftskrise und daraufhin der sinkende Aktienkurs von Continental.

Und so ging das Drama in den fünften Akt:

Die Conti-Aktionäre überschütteten Schaeffler regelrecht mit ihren Aktien, so dass die Herzogenauracher letztendlich über 90 Prozent der Anteile in der Hand hatte. Da jedoch bei vor der Übernahme, in der Investorenvereinbarung vom 20. August 2008, die Option schriftlich niedergelegt worden war, dass Schaeffler bis August 2012 maximal 49,99 Prozent der Conti-Anteile halten darf, wurde es nun brenzlig für das Familienunternehmen. Da das Übernahmeangebot nicht beschränkt werden konnte auf diesen Anteil, musste jede Aktie gekauft werden, die von den Anteilsinhabern angeboten wurde.

Dies führte dann zum sechsten Akt:

Die Banken von Schaeffler, uneigennützig wie sie waren (Achtung Ironie!), stellten sich dann hinter Schaeffler und gewährten Kredite, um die Übernahme durchführen zu können, nahmen dafür aber auch die 40 Prozent der Anteile, die über den vereinbarten 49,9 Prozent lagen, in ihre Hände. Und genau dies machte die Situation immer fataler. Schaeffler hatte eine Menge Geld verloren und war nun, als ehemals gut dastehendes Unternehmen, von mehreren kreditgebenden Banken abhängig.

Im siebten Akt aber ging es dann noch tiefer bergab:

Gegen Ende Januar dieses Jahres rauschte die Conti-Aktie dann in den Keller. Während noch knapp drei Wochen zuvor die vollzogene Übernahme der Continental AG durch die Schaeffler Gruppe bekannt gegeben worden war, wurde der Wind nun richtig eiskalt für den Wälzlagerhersteller. Statt dem Traum von dem großen Autozulieferer wurde daraus plötzlich ein Schuldenberg von 22 Milliarden Euro und ein Aktienwert je Conti-Anteil, der statt bei der Übernahmesumme von 75 Euro nur noch bei 13,25 Euro lag, und binnen eines Tages um 25 Prozent eingebrochen war.

Deshalb gab es im achten Akt dann böse Gerüchte:

Würden die Banken von Schaeffler die ganze Geschichte rückabwickeln, um an ihr Geld zu kommen? Dies wurde zwar dementiert, aber es schwebte zu sehr in der Gerüchteküche der Finanz- und Wirtschaftswelt, und anders als im wahren Leben, ist an solchen Gerüchten eben sehr oft etwas Wahres dran. Die Banken stellten sich dann Gutmensch-mäßig hinter Schaeffler und trotz der hohen Kredite war plötzlich alles wieder gut. Bis heute.

Denn nun geht das Drama Schaeffler – Conti in den neunten Akt

Plötzlich ist nämlich nicht mehr von Schaeffler schluckt Continental die Rede, sondern von einem „Reverse Take-over“, einer Fusion, bei der jener ehemals Unterlegene, also Conti, den ehemals Großen, die Schaeffler Gruppe, letztlich auch noch ganz schlucken könnte. Noch sind dies Vermutungen, aber es könnte durchaus so kommen. Denn Conti ist inzwischen stärker als der Wälzlagerhersteller und es wird vielleicht wirklich passieren, dass Schaeffler den eigentlich übernommenen Autozulieferer zum eigenen Überleben braucht. Der Conti-Aktie tut es heute gut, sie schwankt nach dieser Nachricht zwischen 10 und mehr als 12 Prozent im Plus. Doch vielleicht sind all das nur Gerüchte, die gestreut wurden, um dem Aktienkurs ein paar Flügel zu geben und dann die Anteile von Continental hochpreisiger abstoßen zu können? Eines ist auf jeden Fall sicher: Die ganze Sache Übernahme hat Schaeffler sehr geschadet, in finanzieller Hinsicht als auch in Sachen Außendarstellung.

Und wir sind nun gespannt, was im nächsten Akt passiert. Vielleicht kommt nun endlich doch das schon lang ersehnte Finale?