Starker Anstieg bei den Unternehmensinsolvenzen
Wie Creditreform heute vermeldet, treibt die Wirtschaftskrise die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in die Höhe. Und dies in einem Maße, dass einem, angesichts der starren Haltung so mancher Banken bei der Vergabe von dringend benötigten Krediten an Unternehmen, ganz schlecht werden kann. Bei den Privatinsolvenzen sind die Zahlen unvermindert hoch.
Insolvenzen in Europa 2009/10
„Wirtschaftskrise treibt die Insolvenzzahlen – Firmenkonkurse in Westeuropa steigen um 22 Prozent
Die schwere Rezession hat die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in den EU-15 Staaten plus Norwegen und der Schweiz auf gut 185.000 steigen lassen. Damit wurden 22 Prozent mehr Fälle registriert als 2008, als knapp 152.000 Unternehmen ein Insolvenzverfahren beantragten. In Mittel- und Osteuropa nahm die Zahl der Firmeninsolvenzen um 44 Prozent und damit doppelt so stark zu wie in Westeuropa. 51.000 osteuropäische Unternehmen hatten 2009 Insolvenz anmelden müssen (2008: 35.400).
Stärkster Anstieg in Spanien und Irland – Deutschland unter dem Europa-Durchschnitt
In Spanien hat sich die Zahl der insolventen Unternehmen binnen eines Jahres nahezu verdoppelt: Mit 4.900 Verfahren wurden 93,8 Prozent mehr Fälle registriert als 2008 (2.528 Fälle). Es folgen Irland mit einem Plus von 81,1 Prozent auf 1.400 (Vorjahr: 773 insolvente Unternehmen), die Niederlande (plus 53,4 Prozent; 10.500 Firmeninsolvenzen) und Dänemark (plus 51,0 Prozent; 5.600 Insolvenzen).
Unterhalb der durchschnittlichen Zuwachsrate Europas blieb die Insolvenzentwicklung in Österreich (plus 8,5 Prozent; 7.050 Fälle), Belgien (plus 11,3 Prozent; 9.430 Insolvenzen), Frankreich (plus 12,2 Prozent; 55.800 Fälle) und Deutschland (plus 16,0 Prozent; 34.300 Unternehmensinsolvenzen). Großbritannien zählt mit 20.300 Firmenzusammenbrüchen neben Frankreich und Deutschland zu den drei europäischen Staaten mit der höchsten absoluten Zahl an Unternehmensinsolvenzen. Der Zuwachs war 2009 mit plus 24,8 Prozent kaum geringer als im Vorjahr (plus 26,2 Prozent).
Deutlich mehr Insolvenzen in der Industrie – 1,7 Millionen Arbeitsplätze betroffen
Europaweit mussten rund 20.800 Industriebetriebe den Gang zum Insolvenzgericht antreten. Das entspricht einem Neuntel (11,2 Prozent) aller Insolvenzfälle, nachdem im Vorjahr jede zehnte Pleite Europas (10,0 Prozent; 15.200 Unternehmen) auf das Verarbeitende Gewerbe entfiel. Zugenommen hat der Anteil des Dienstleistungssektors am europäischen Insolvenzgeschehen: Etwa 70.000 Zusammenbrüche von Dienstleistern wurden gemeldet. Das sind 37,7 Prozent aller registrierten Insolvenzen (Vorjahr: 36,5 Prozent; 55.500 Unternehmen).
Im europäischen Baugewerbe hat sich die Insolvenzsituation 2009 etwas beruhigt. Zwar kam für rund 38.800 Bauunternehmen das Aus (Vorjahr: 32.000). Der Anteil des Sektors am Insolvenzgeschehen nahm aber von 21,1 auf 20,9 Prozent leicht ab. Der Handelssektor verlor 2009 ebenfalls an Bedeutung für die europäische Insolvenzentwicklung. Nur noch 30,2 Prozent aller Verfahren betrafen eine Handelsfirma. Im Vorjahr lag dieser Anteil noch bei 32,4 Prozent. Die absolute Zahl der insolventen Betriebe stieg aber von 49.200 auf 56.000 Fälle.
Im Zuge des deutlichen Anstiegs der Insolvenzzahlen in der Industrie waren 2009 mehr Arbeitsplätze bedroht. Schätzungsweise 1,7 Millionen Arbeitnehmer waren europaweit von der Insolvenz ihres Arbeitgebers betroffen. 2008 hatten 1,2 Millionen Beschäftigte die Pleite ihres Unternehmens erlebt.
Großbritannien mit Rekordwert bei Privatinsolvenzen
Die Zahl der Privatinsolvenzen ist im Vergleich zum Jahr 2008 merklich gestiegen. Mit insgesamt 361.000 zahlungsunfähigen Verbrauchern wurden europaweit 12,4 Prozent mehr Fälle registriert als im Vorjahr (321.100). Dieser Anstieg geht in großen Teilen auf die Entwicklung in Frankreich (plus 27,8 Prozent; 42.650 Fälle) und Großbritannien (plus 23,3 Prozent; 156.850 Fälle) zurück. In Großbritannien hat sich die Zahl der Privatinsolvenzen seit 2005, als 79.426 Privatinsolvenzen gezählt wurden, fast verdoppelt. Seit zwei Jahren führt Großbritannien die Statistik der Verbraucherinsolvenzen vor Deutschland an. 2009 meldeten drei von 100 erwachsenen Briten ihren wirtschaftlichen Zusammenbruch.
Deutschland verzeichnete 2009 eine Stagnation der Privatinsolvenzen, nachdem es zwischen 2007 und 2008 noch einen merklichen Rückgang gab. Mit 127.500 Betroffenen wurde der Vorjahreswert (126.330) nur leicht übertroffen (plus 0,9 Prozent). In drei Ländern – Niederlande (minus 6,0 Prozent), Schweiz (minus 5,3 Prozent) und Schweden (minus 2,0 Prozent) – sank die Zahl der Verbraucherinsolvenzverfahren. Allerdings dürfte die Zahl der zahlungsunfähigen Privatpersonen zunehmen, wenn die schwere Wirtschaftskrise deutlicher als bisher auf die nationalen Arbeitsmärkte durchschlägt.
Insolvenzwelle in den USA – auch Osteuropa im Sog der Wirtschaftskrise
Die USA haben die wohl schwerste Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg noch nicht überwunden: Im Unternehmenssektor ging das Firmensterben weiter. Rund 60.600 Unternehmen mussten im Jahr 2009 Gläubigerschutz beantragen. 2008 waren erst 43.546 US-Unternehmen betroffen (plus 39,2 Prozent). Die Zahl der insolventen Verbraucher knackte erneut die Millionen-Marke: 1,421 Millionen Privatpersonen erklärten sich für zahlungsunfähig. Ein Jahr zuvor waren 1,074 Millionen Personen betroffen. Der Anstieg fiel mit plus 32,3 Prozent deutlich stärker aus als in Europa (plus 12,4 Prozent).
In den Staaten Mittel- und Osteuropas hat die Finanz- und Wirtschaftskrise erhebliche Anpassungsreaktionen hervorgerufen. Überkapazitäten mussten abgebaut werden, die Zahl der Firmeninsolvenzen erhöhte sich deutlich. Am stärksten betroffen waren Tschechien (plus 82,5 Prozent; 8.394 Insolvenzen), die Slowakei (plus 54,6 Prozent; 900 Insolvenzen) sowie die baltischen Staaten. Lettland verzeichnete einen Insolvenzanstieg von 69,1 Prozent auf 2.192 Fälle, Litauen von 59,8 Prozent (1.168 Fälle) und Estland von 49,2 Prozent (631 Fälle).“
Quelle Pressemitteilung: Creditreform