Zu Guttenberg und sein Kampf gegen die Kreditklemme

Die „Schlaglichter der Wirtschaftspolitik“, die das Bundeswirtschaftsministerium jeden Monat neu herausgibt, sind seit dem Amtsantritt des neuen Wirtschaftsministers zu Guttenberg klare Worte gewohnt. Diesmal hat er sich gleich in seinem Editorial mit einer sehr deutlichen Ansage an die Banken gewandt, die sich verweigern, in diesen Zeiten Unternehmen dringend benötigte Kredite zu gewähren. Und trifft damit den Nagel der Kreditklemme mitten auf den Kopf.

Kredite zu vergeben bedeutet, Vertrauen in die Wirtschaft zu haben

Welche Aufgabe hat eine Bank? Sie soll Ersparnisse und Überschüsse bündeln und unter Risiko abwä gung an Unternehmen und Haushalte weitergeben, die damit Geschäftsbetrieb, Investitionen und langfristigen Konsum finanzieren. Erfüllen die Banken diese Aufgabe in der aktuellen Krise noch?

Viele zweifeln inzwischen daran – doch die Finanzinstitutionen weisen die Kritik zurück. Die Antwort hängt davon ab, wen man fragt. Fragt man die Ban ken, so ist zu erfahren, dass das Kredit- und Anleihevolumen ständig steigt. Fragt man die Unternehmer, so trifft man häufig auf Verärgerung, dass mittel- und langfristige Kredite nur noch zu unerfüllbaren Bedingungen angeboten würden und dass selbst die kurzfristigen Betriebsmittelkredite kaum noch zu haben seien.

Ein Blick in die Statistiken kann die Debatte versachlichen. Von Oktober vergangenen Jahres bis zum Mai 2009 haben die Banken des Euroraums 627 Milliarden Euro frisches Geld aus Einlagen erhalten und 136 Milliarden netto von der Europäischen Zentralbank. Der Vorwurf, dieses Geld habe den Bankensektor niemals verlassen und sei gehortet worden, ist unberechtigt.

Die Banken haben für etwa ein Drittel davon Unternehmensanleihen gekauft. Ein weiteres Drittel ist über Staatspapiere und Kredite der öffentlichen Hand zugeflossen. Die Banken haben von dem Geld auch ihre Liquiditätspuffer aufgefüllt, aber auch das ist ihnen nicht vorzuwerfen. Denn sie halten sich damit an die alte Bankiersregel, wonach Liquidität wichtiger ist als Ertrag. Umfragen zeigen aber auch, dass kleine und mittelgroße Unternehmen zunehmend Schwierigkeiten haben, bezahlbare Kredite zur Vorfinanzierung ihrer Produktion zu erhalten. Wer in den Aufschwung investieren möchte, fragt oft vergeblich nach mittel- und langfristigen Krediten. Das gilt namentlich für stark exportorientierte Unternehmen und solche, die wie die Automobilindustrie zu Branchen mit hohem Kapitalbedarf gehören, die als problematisch angesehen werden. Unternehmer aber sind auf Kredite angewiesen.

Richtig ist, dass sich die meisten Banken marktgerecht verhalten. Den Banken steht zwar genügend Liquidität zu Verfügung, aber niemand nimmt ihnen die Verantwortung für die Sicherheit der Einlagen ab. Wir fordern schließlich ja gerade jetzt von den Banken, Lehren aus der Finanzkrise zu ziehen, Risiken realistischer einzuschätzen und sich verantwortungsbewusster zu verhalten.

Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Banken sind nicht nur ihren Kapitalgebern verantwortlich, sondern haben – als finanzielle Infrastruktur der Volkswirtschaft – auch ihren Teil der Verantwortung für neues Wirtschaftswachstum zu tragen. Dies umso mehr, als der deutsche Staat – sprich der deutsche Steuerzahler – sich in einem noch nie da gewesenen Umfang bereit erklärt hat, für die Stabilität und die Funktionsfähigkeit des deutschen Bankensystems zu bürgen. Denn nichts anderes sind die knapp 500 Milliarden Euro an Finanzmitteln, die wir im Rahmen des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes einsetzen.

Auch Banken können zwar nur dann Geschäfte machen, wenn sich das wirtschaftliche Umfeld positiv entwickelt. Übertriebenes Risikoverhalten kann sich jedoch schnell zum Bumerang entwickeln, für die Banken wie für die Gesamtwirtschaft. Hier stehen aus meiner Sicht die Banken durchaus in der Verantwortung, ihr Verhalten und ihre Entscheidungen bei der Kreditvergabe und bei der Gestaltung der Zinskonditionen transparent zu machen. Eine zweite – diesmal hausgemachte – Vertrauenskrise ist das Letzte, was sich unsere Banken derzeit leisten sollten.

Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg, Bundesminister für Wirtschaft und Technologie“

(Quelle: Monatsbericht 08-2009 BMWi)